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Pressestelle


Pressemitteilung Nr. 15/2002  Karlsruhe, den 07.08.2002


Verwaltungsgericht: Aufenthaltsverbot für "Punks" am Kronenplatz ist
rechtswidrig



Das von der Stadt Karlsruhe im Juli 2002 verfügte Betretens- und
Auf­enthaltsverbot am Kronenplatz für "Punks", ist voraussichtlich
rechts­widrig, entschied die 12. Kammer des Verwaltungsgerichts Karls­ruhe
am heutigen Tag und gab damit dem Eilantrag eines Karlsruher "Punk" statt.
Dieser muss das Aufenthalts- und Betretensverbot da­her vor­erst nicht
befolgen.

Am 5. Juli hatte die Stadt Karlsruhe aufgrund zahlreicher Beschwerden von
Anwohnern und Geschäftsleu­ten am Kronenplatz ein Betretens- und
Aufenthaltsverbot für Personen angeordnet, die der sogenannten "Punk-Szene"
zuzuordnen seien. Zur Begründung der Allgemeinverfü­gung hieß es, diese
Personen, die an ihrem typischen äußeren Er­scheinungsbild (auffällige
Kleidung, besetzt mit Nieten, Symbolen und Aufschriften, farbige
Punkfrisuren) zu erkennen seien, seien in der Ver­gangenheit durch
Provokationen aufgefallen, wie übermäßiger Al­kohol­konsum bis hin zu
Exzes­sen, Beschimpfen, Anpöbeln etc. von Pas­santen, gruppenweises Lagern,
verbunden mit Anpöbeleien, Ver­schmutzen von Straßen, Wegen und Plätzen,
de­monstratives Verrich­ten der Not­durft­ sowie Mitführen und
Freilaufenlassen von Hunden, die Pas­santen bedrohten. Anderweitige
Maßnahmen seien bisher erfolglos geblieben. Ein Karlsruher Student, der sich
selbst der Punkszene zu­rechnet, erhob gegen diese für sofort vollziehbar
erklärte Verfügung Widerspruch und beantragte beim Verwaltungsgericht, die
aufschie­bende Wirkung seines Widerspruchs wiederherzustellen.

Die 12. Kammer gab seinem Antrag statt. In der Begründung ihres Be­schlusses
führte die Kammer aus, das Aufenthaltsverbot sei zur Be­kämpfung von
Störungen der öffentlichen Sicherheit ungeeignet, über­flüssig und nicht in
dem nötigen Maß einzelfallbezogen. Das aus­ge­sprochene Verbot be­treffe
präventiv auch Personen, die - wie der An­tragsteller - zwar die äußeren
Merkma­le eines "Punk" erfüllten und sich der Punk­szene zugehörig fühlten,
die aber bis­lang nicht in der in der Verfügung beschriebenen Weise als
Störer aufgefallen seien. Einen Erfahrungs­satz, dass Personen, die von
ihrem Äußeren her erkennbar der "Punk-Szene" zuzuord­nen seien, zugleich
Ver­hal­tens­stö­rer im Sinne des Po­li­zei­rechts seien, gebe es nicht.
Beim Antragsteller komme hinzu, dass ihm das Betreten des Kro­nen­platzes
allgemein verboten worden sei, obwohl sich dort die ÖPNV-Haltestelle
Kronenplatz/Uni­ver­si­tät befinde, auf die er als Student an­gewiesen sein
dürfte. Die in der Ver­fügung genannte Möglichkeit, bei der Stadt für jeden
Einzelfall eine Aus­nahmegenehmi­gung zum Betre­ten des Kronenplatzes zu
beantra­gen, sei nicht praktika­bel und für den Antragsteller unzumutbar.

Zudem habe die Stadt die der Verfügung zugrundegelegten Missstände am
Kronenplatz nicht in ausreichendem Maße verifizieren können, so die Kammer
weiter. Nach Angaben der Polizei habe es zwar Be­schwerden über
Ru­hestörungen durch Punker gegeben. Grund zu Be­anstandungen habe sich bei
den daraufhin regelmäßig durchgeführten Kontrollen jedoch nur in
Einzelfällen ergeben. In diesem Zusammen­hang wies die Kammer daraufhin,
dass es noch nicht als Störung oder Gefährdung der öffentlichen Sicherheit
oder Ord­nung angesehen wer­den könne, wenn sich Personen allein zu dem
Zweck auf öffentlichen Straßen und Geh­wegen und in Grün- und
Erholungsanlagen niederlas­sen, um Alkohol zu trinken.

Zweifel hegt die Kammer, wie auch die Polizei, ob durch die
All­gemein­verfü­gung tatsäch­lich eine Änderung der Verhältnisse auf dem
Kronen­platz erreicht werden könne. Dem rechtsstaatlichen
Ver­hältnis­mäßig­keits­grundsatz entspreche es eher, wenn der
Polizei­voll­zugs­dienst - wie bislang - bei polizeirechtlich relevanten
Störungen aufgrund eigener Eil­zu­ständigkeit einschreite. Im Anschluss
daran könne die Stadt sodann im Einzelfall gegebenenfalls wei­tergehende
Regel­ungen gegen auffällig gewor­dene Störer treffen. Dass ein solches
Vorgehen in der Vergan­genheit je praktiziert worden wäre und sich dann als
unwirk­sam her­ausgestellt hätte, sei nicht ersichtlich.

Verwaltungsgericht Karlsruhe, Beschluss vom 07.08.2002 -12 K 2595/02-. Die
Ent­scheidung ist nicht rechtskräftig. Gegen diesen Beschluss steht den
Beteiligten die Be­schwerde zu.